Sicher paddeln in kühler Jahreszeit

Winter Kayak: Foto Yorck Maecke

Mit der kühlen Jahreszeit kommen unsere Gewässer zur Ruhe, es beginnt für uns eine schöne Paddelsaison mit traumhaften Naturerlebnissen. Bis auf vereinzelte Segelboote und den weiterhin aktiven Ruderern/innen können wir die Gewässer stressfrei genießen. 

Einer Tour bei kalter Luft und noch kälterem Wasser steht dann nichts im Wege, wenn wir uns richtig vorbereiten, Sicherheitsaspekte beachten und mit einer passenden Ausrüstung ausstatten. Ansonsten wird es auf dem Wasser unangenehm und auch gefährlich.

10 Regeln zum Paddeln im Winter

Folgende 10 Regeln helfen dir dabei:

Regel 1: Auf die richtige Kleidung kommt es an

Foto: Doris Kaminski

Hier ist das Zwiebelsystem zu empfehlen. Auswahl und Anzahl der Schichten sollte den Wassertemperaturen angepasst werden. Es gilt: „Dress for water, not for air“.

Als Basisschicht auf dem Körper eignet sich Polartec-Material. Leicht, atmungsaktiv, warm und schnell trocknend sorgt es für ein gutes Körperklima. Aus unserer Erfahrung ist Unterwäsche aus Merino-Wolle eine gute Alternative. Darüber können dann weitere Wärmeschichten aus Fleece – Pullover und Thermosocken oder Merinosocken getragen werden.

Darüber ziehen wir eine wasserdichte Kleidung mit dichten Abschlüssen an Armen und Hals:

  • Trockenanzug mit Füßlingen oder
  • Kombination aus Trockenhose mit Füßlingen und einer Paddeljacke oder
  • Winterneopren (Long-John) in Kombination mit einer Paddeljacke.

Sorge für warme Füße, indem du dir Schuhe aus Winterneopren mit fester Sohle wählst. Tipp: Sollte dir das nicht reichen, lege dir eine Wärmflasche ins Cockpit!

Kopfbedeckung ist bei kaltem Wetter Pflicht! Du verlierst ca. 30% deiner Körperwärme über deinen Kopf. Geeignet sind:

  • Fleece-Mütze oder
  • Neopren-Mütze,

die du weit in die Stirn und Ohren ziehen kannst oder

  • Neopren-Kopfhaube,
  • Ohrenstöpsel

Schütze deine Hände mit Handschuhen, wie

  • Paddelhandschuhe aus Neopren oder Nylon (mit und ohne Fleecefutter)
  • Paddelpfötchen

Schütze deine Augen mit einer Sonnenbrille, da die tiefstehende Sonne und glitzernde Gewässer stark blenden können.

Trage eine Schwimmweste! Bei Wassertemperaturen unter 15 Grad Celsius ist die Schwimmweste ein Muss. Im eiskalten Wasser ist schwierig, wieder ins Kajak zu klettern. Eine Schwimmweste hilft dir dabei, weil es Panik aus dem Moment nimmt. Sie hält dich über Wasser.

Für Pausen nimm einen Poncho mit, der schützt euch vor Auskühlung an Land.

Was Kälte bewirken kann

Deine aktive Handlungsfähigkeit (Nutzzeit) im kalten Wasser ist eingeschränkt. Die Formel lautet: Nutzzeit (in Minuten) = Wassertemperatur (in Grad Celsius) – gültig für Wassertemperaturen von unter +15 Grad C). z.B. beträgt deine Nutzzeit bei + 10 Grad Celsius 10 Minuten in „leichter Kleidung“, in der du selbst noch aktiv die eigene Rettung in die Wege leiten kannst, danach wird es wahrscheinlicher, dass du nur noch mit Hilfe deiner Mitpaddler überleben kannst. Mit einem dicken Neopren hat man eine um 100% höhere Überlebenszeit als mit „leichter“ Bekleidung; und mit einem Trockenanzug erhöht sich die Überlebenszeit gegenüber Neopren nochmals um 200%.

Bei allen Menschen ruft der plötzliche Kontakt mit kaltem Wasser körperliche Reaktionen hervor. Erste Reaktion:

  • Anstieg von Puls und Blutdruck,
  • unkontrollierte Atmung und Bewegung
  • im Extremfall tritt ein Kälteschock ein, d.h. man kann nicht mehr auftauchen, schwimmen, um Hilfe rufen, bzw. die Anweisungen der Mitpaddler/innen befolgen. Der Kälteschock dauert etwa 2 bis 3, maximal 5 Minuten.

Bei jedem, der sich länger im Wasser aufhält, verengen sich die Blutbahnen in den Extremitäten. Dann lassen die Kontrolle und die Kraft in den Armen und Beinen nach. Das Schwimmen wird immer schwieriger. In kaltem Wasser fällt es auch geübten Schwimmern schwer, sich länger als 30 Minuten über Wasser zu halten.

Ein weiteres Problem stellt der Windchill dar. Kalte Luft empfindet man bei Wind als kälter. Wer bei Lufttemperaturen von unter +10 Grad Celsius auf dem Wasser ist und vom Wind überrascht wird und ihm ohne entsprechenden Schutz (Kleidung siehe oben!) längere Zeit ausgesetzt ist, wird langsam auskühlen. Seine Beweglichkeit und seine Reaktionen werden dann allmählich nachlassen, so dass man sein Boot immer weniger beherrscht.

Nicht zu unterschätzen ist Spritzwasser, d. h. das kalte Wasser, das einem während des Paddelns immer wieder über die Hände spült und ins Gesicht spritzt. Da Wasser bis zu 25 Mal stärker zur Auskühlung beiträgt als Luft und da durch seine Verdunstung zusätzlich Kälte erzeugt, verstärkt sich der Auskühlungsprozess, der von Luft und Wind in Gang gesetzt wird, zusätzlich.

Regel 2: Wärmende Verpflegung darf nicht fehlen

Sorge für dich

  • mit warmen Getränken wie Tee (große Thermoskanne), es sollte nicht zu heiß sein und
  • in einer Box eine warme Suppe.
  • Snacks bitte griffbereit in der Weste.
  • Bananen sind auch im Winter gut.

Im Winter sind Gaststätten an unseren Gewässern häufig geschlossen. Also sorge für dich!

Verzichte auf jeden Fall auf alkoholische Getränke! Alkohol kühlt den Körper zusätzlich aus!

Regel 3: Plane deine Tour gründlich

In kühleren Jahreszeiten ist eine sorgfältige Planung erforderlich, um das Risiko einer solchen Tour zu reduzieren. Wetterverhältnisse können sich schnell verändern. Eine lange Vorausplanung ist meistens nicht möglich und nicht die beste Option.

  • Plane daher Länge und Verlauf deiner Tour abgestimmt auf die tagesaktuellen Verhältnisse, d.h. beziehe Windstärke, Windrichtung, Luft- und Wassertemperatur in deine Planung ein.
  • Plane die Tour auf bekannten Gewässern,
  • Nutze Gewässerkarten (wassergeschützt an Deck),
  • Nimm dein Smartphone (in einer wasserdichte Handyhülle) mit/griffbereit
  • Plane Streckenpunkte ein, wo du die Tour abbrechen kannst, z. B. Gasstätte, ÖPNV (auch an Sonn- und Feiertagen).
  • Plane Strecken, die dir Abkürzungen ermöglichen.
  • Plane kurze Strecken.

Regel 4: Paddel nicht allein

Kayak im Winter: Foto Yorck Maecke

Bei niedrigen Temperaturen paddelt nicht allein!

  • Bilde mit erfahrenen Kajakfahrern eine kleine Gruppe, von 2 bis 6 Personen.
  • Richtet die Strecke und die Dauer der Tour auf das Mitglied aus, das am wenigsten fit ist.
  • Kleine Strecken mit einer Dauer von 1 bis 3 Stunden.

Regel 5: Beobachte das Wetter

War das so geplant?: Foto Anja Morsch

Behalte das Wetter im Auge und

  • beobachte den Himmel und seine Veränderungen. Die Wetterverhältnisse können unvorhergesehen schnell umschlagen.
  • Nutze auch Wetter-Apps, die dir aktuelle Informationen über die Wetterlage sowie den Verlauf von Niederschlagsfeldern über der Region zeigen, in der du deine Tour planst.

Regel 6: Die Zeit nicht vergessen

Achte auf den Einbruch der Dunkelheit. Bis zur Wintersonnenwende am 21. Dezember geht die Sonne jeden Tag früher unter.

  • Beziehe die Zeit des Sonnenuntergangs in di Planung ein.
  • Bedenke, mit sinkendem Sonnenstand fallen die Temperaturen schnell.
  • Gewässer können nachts auch teilweise frieren.

Regel 7: Sicherheitsausrüstung griffbereit

Zur Ausrüstung gehören

  • Trockene Kleidung wasserdicht verpackt.
  • Wasserdicht verpacktes Notfall-Set,
  • Kleine Taschenlampe
  • Rettungsdecke
  • Schleppleine
  • Wasserpumpe

Regel 8: Bei Gefahr die Tour abbrechen

Im Winter können plötzliche Hochwasserstände auftreten. Das führt zu

  • nicht eingeplanten Strömungen,
  • die Dauer der geplanten Tour erhöht sich, sodass man nicht rechtzeitig vor Sonnenuntergang zurück ist,
  • das Durchfahren von Brücken wird gefährlich,
  • Hindernisse sind schwer erkennbar…
Foto: Doris Kaminski

Auch ein plötzlicher Wetterumschlag kann die Planung über den Haufen werfen.

Die Kräfte eines Mitpaddlers erlahmen aufgrund ungewohnter Anstrengungen.

In solchen Situationen ist es erforderlich, die Tour abzubrechen. Also keine Scheu, die Tour vorzeitig abzubrechen.

Regel 9: „PartnerCheck“

Foto: Doris Kaminski

Bevor es aufs Wasser geht macht einen „PartnerCheck“:

  • Handy-Nr. austauschen – Akku aufgeladen?
  • Fühlen sich alle Mitpaddler fit?
  • Gibt es gesundheitliche Einschränkungen?
  • Hat jeder sein Sicherheitsequipment mit?
  • Wer paddelt voraus, wer in der Mitte, wer ist das „Schlusslicht“?
  • Partnerschaften bilden.
  • Handzeichen verabreden.
  • Angehörige über die Tour informieren.

Regel 10: Die Vorbereitung beginnt bereits im Sommer / Fazit

Es kommt nicht nur auf die Kleidung, Verpflegung, Planung, Ausrüstung und Kommunikation an, um in kalter Jahreszeit unsere Gewässer und Natur zu genießen, sondern auch auf die Kenntnisse von Partnerrettung in Notsituationen. Diese Techniken kann man entspannt beim RST in den wärmeren Jahreszeiten üben.

Kälte RST: Foto Yorck Maecke

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